LUCAS CRANACH D. J.: DIE ERNIEDRIGUNG DES KAISERS BARBAROSSA DURCH PAPST ALEXANDER III.


Im Jahr 2015 jährt sich der Geburtstag Lucas Cranach des Jüngeren (1515-1586) zum fünfhundertsten Male. Dieses kulturelle Highlight im kommenden Jahr nehmen wir schon jetzt zum Anlass, mit unserem Objekt des Monats Oktober ein Streiflicht auf das Schaffen des berühmten Künstlers der Reformationszeit zu werfen. Hervorgegangen aus der Bibliothek des Kurfürsten Friedrich des Weisen (1463-1525) verfügen "wir" als ThULB Jena über einen umfangreichen Bestand an Druck- und Handschriften aus der Zeit der Reformation. Für den "Reformationsmonat" Oktober haben wir aus den historischen Sammlungen unserer Bibliothek ein Druckwerk ausgewählt, das einen Holzschnitt des berühmten Malers enthält und dessen Wirken als Erschaffer von Buchgraphiken illustriert.

Die ausgewählte Graphik zeigt die historisch legendäre Erniedrigung des Kaisers Friedrich I. Barbarossa (um 1122-1190) durch Papst Alexander III. (um 1100-1181). Das Bild wird von der Darstellung des Kirchenoberhaupts dominiert, wie er auf Barbarossa herabblickend das gekrönte Haupt des Kaisers mit seinem rechten Fuß zu Boden drückt. Der Kaiser liegt dem Papst zu Füßen. Er wendet seinen Kopf zur linken Seite und blickt Alexander flehend an. Die Darstellung des Kirchenoberhaupts mit der Papstkrone (Tiara) greift das polemisch-satirische Bildprogramm der Papst- und Kirchenkritiker auf, wie es in zahlreichen Abbildungen seit der frühen Reformationszeit in Umlauf war. Der jüngere Cranach tritt mit dieser Darstellung in die Fußstapfen seines berühmten Vaters, Cranach des Älteren, der seine große Künstlerkarriere als Hofmaler Kurfürst Friedrichs des Weisen begonnen hatte und das Bild der Reformatoren in den Medien des früheren 16. Jahrhunderts entscheidend geprägt hat. In unserer Graphik wird die Papstkritik dadurch verstärkt, dass Cranach den Papst in herrschaftlicher Kleidung auftreten lässt, welches ihn eher wie einen weltlichen Würdenträger erscheinen lässt. Mit einer solchen Darstellung, zu welcher es in der Bildkunst der Frühreformation zahlreiche Parallelen gibt, prangerten die Kirchenkritiker die Verweltlichung des höchsten Kirchenamts an und propagierten damit den Niedergang der Stellung der Nachfolger Petri. Im weiteren Verlauf des Reformationsjahrhunderts wurde die Darstellung der Erniedrigung des Kaisers Barbarossa zu einer Art medialem "Kampfbild" in der religionspolitischen Auseinandersetzung der Reformatoren mit den Altgläubigen.

Die von Cranach dem Jüngeren künstlerisch umgesetzte Szene galt lange als historisch glaubwürdig. Sie war von venezianischen Geschichtsschreibern mit dem Ziel erfunden worden, die Verdienste der Republik Venedig um die Rettung des Papsttums herauszustreichen. Mit der historischen Wirklichkeit hat die Szene freilich wenig zu tun. Hintergrund ist der Konflikt zwischen Kaiser und Papst in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts. Zu dieser Zeit konkurrierten beide Mächte um den Einfluss in Italien. Nach dem Tod des Papstes Hadrian IV. war 1159 durch die Wahl bzw. Ernennung zweier Päpste ein Schisma entstanden, das heißt, zwei Päpste beanspruchten das höchste Kirchenamt für sich - der eine auf kaiserlicher Seite stehend, der andere auf der Seite der Kaisergegner. Bedrängt durch den umfassenden Machtanspruch des Kaisers und dessen militärisches Engagement in Italien näherte sich Alexander III. dem byzantinischen Kaiser an und verhandelte über eine Union der byzantinisch-orthodoxen mit der römisch-lateinischen Kirche und über die Herrschaft des byzantinischen Kaisers über Rom und Italien. Im Jahr 1166 ging Friedrich I. militärisch gegen Rom vor und inthronisierte mit Paschalis III. einen neuen Papst. Damit war der Konflikt jedoch nicht gelöst, da sich Alexander mit den Staufergegnern verbündete und dem Kaiser elf Jahre später nichts anderes übrig blieb als Alexander als rechtmäßigen Papst anzuerkennen.

Abgedruckt ist die Graphik in einer Druckschrift, welche ein Jahr vor Luthers Tod in der Wittenberger Druckerei des Joseph Klug gedruckt wurde. Luther selbst hat die Vorrede zu dem historischen Werk verfasst. Die ThULB Jena verfügt über zwei Exemplare. Das oben zitierte Exemplar stammt aus der Bibliothek des Jenaer Juristen und Historikers Christian Gottlob Buder (1693-1763), welcher seine Sammlung der Jenaer Bibliothek vermachte und damit für den größten Bestandszuwachs der älteren Jenaer Bibliotheksgeschichte sorgte. Darüber hinaus ist das Werk über eine digitalisierte Ausgabe der Lutherflugschriften der Wartburgstiftung Eisenach zugänglich.

Holzschnitt, aus: Bapst trew Hadriani IIII. und Alexanders III. gegen Keyser Friderichen Barbarossa geübt. Aus der Historia zusamen gezogen nützlich zulesen. Mit einer Vorrhede D. M. Luthers, Wittenberg : Klug, 1545 [ThULB Jena, Signatur: 4 Bud. Theol. 147(4)].

Ansprechpartner: Dr. Thomas Mutschler