VOM BLUTIGEN SCHRÖPFEN


Der Aderlass ist ein seit der Antike bekanntes Heilverfahren, dass als medizinische Behandlungsmethode bis ins 19. Jahrhundert Anwendung fand. Mit dem Ausleiten von 'schlechtem Blut' aus dem menschlichen Körper glaubten die Mediziner, den Säftehaushalt regulieren und damit Krankheiten heilen zu können. Kombiniert wurde dieses Verfahren mit dem Schröpfen - einer ebenfalls sehr alten, alternativen Heiltechnik. Sogenannte Schröpfköpfe aus Messing oder Glas wurden über einer Schröpflampe erhitzt, dadurch erzeugte man einen Unterdruck, der die Durchblutung der Haut anregen und auf diesem Wege Schmerzen und Verspannungen lösen sollte. Für die ausleitenden Methoden bedurfte es verschiedener Messer und Klingen, etwa Schröpfschneppern mit kleinen zurückspringenden Messern.

Die aus Messing gearbeitete Schröpflampe besteht aus zwei Teilen: Eine mit einem Deckel verschließbare Kapsel diente der Aufnahme von Talg als Brennmaterial. Für die Behandlung wurde die entsprechende Hautstelle zunächst gereinigt und von Haaren befreit. Im zeitgenössischen Handwörterbuch der gesammten Chirurgie und Augenheilkunde (Bd. 5, 1839, S. 517) heißt es hierzu: "Der Wundarzt nähert sich nun mit der brennenden Lampe in seiner linken Hand dem zur Operation bestimmten Ort, ergreift mit seiner rechten einen der in einem Gefässe mit Wasser liegenden Schröpfköpfe, führt diesen mit der Höhle über die Fackel der Lampe, verweilt hier einige Sekunden, um die in der Höhle des Schröpfkops befindliche Luft möglichst zu verdünnen, und bringt ihn dann schnell an den Ort seiner Bestimmung, wo er sich festsaugt und die Haut hügelförmig in die Höhe zieht". Anschließend wurde der Schröpfkopf entfernt und die erhabene Hautstelle mit einem Schröpfschnepper verwundet. Mit dem erneuten Aufsetzen eines weiteren Schröpfkopfes konnte das Blut an der Behandlungsstelle abgesaugt werden. Anschließend wurden die Schnitte medizinisch versorgt.

Eine Schröpflampe aus der Medizinhistorischen Sammlung Theodor Meyer-Steineg der Friedrich-Schiller-Universität Jena wird vom 8. Oktober 2016 bis 16. April 2017 anlässlich der Ausstellung Vita Dubia. Über die Ungewissheit des Todes und die Angst, lebendig begraben zu werden im Museum für Sepulkralkultur in Kassel (Weinbergstraße 25-27 | 34117 Kassel | http://www.sepulkralmuseum.de gezeigt)

Schröpflampe, um 1820, Messing, 16 x 8 x 6 cm,
Inv.-Nr. TMS_B_2015_93, Medizinhistorische Sammlung Theodor Meyer-Steineg, Ernst-Haeckel-Haus.

Dr. Andreas Christoph, Ernst-Haeckel-Haus Jena